Brauchtum

Die Informationen zum Brauchtum basieren auf aktuellen Informationen und alten Quellen. Letztere sind mit aufgeführt, da insbesondere auf dem Lande, im alten Kreis Wirsitz beide Bevölkerungsgruppen ungefähr gleich stark waren und somit alte Bräuche zumindest teilweise gemeinsam gepflegt haben.

Inhalt

Polnische Ostern:     Fastenzeit * Osterkorb * Osterfrühstück * Smigus-Dyngus * Mazurek (Rezept)

Alte Osterbräuche:   Osterwasser * Osterstiepen * Osterspruch

Dożinkiminne (Erntedank ) mit Bildern

Alte Erntedankbräuche: Seidenband * Roggenpuppe

Namenstag * Geburtstag (Peitschenknallen) * Hochzeit

Polnische Ostern

Ostern ist neben Weihnachten das wichtigste Fest im Kirchenjahr. Die es begleitenden Bräuche und Sitten haben eine lange Tradition. Viele von ihnen weisen auf heidnisches Brauchtum zurück. Ihre Einhaltung festigt in den Menschen das Bewusstsein der Tradition und ermöglicht eine würdige Vorbereitung auf das Fest.

Fastenzeit

Dem Osterfest geht eine 40-tägige Fastenzeit voraus, die am Aschermittwoch beginnt. An diesem Tage bestreuen die Priester die Stirn der Gläubigen nach jeder Messe mit geweihter Asche und sprechen dabei die Worte aus: "Gedenke, o Mensch, du bist Staub, und zum Staube kehrst du zurück" (Psalm 90,3). Zum Streuen benutzt man die Asche der Palmen vom Palmsonntag des vergangenen Jahres. Die Asche gilt in der katholischen Religion als Symbol der Vergänglichkeit, der Buße und der Reue. Früher als Putzmittel verwendet, ist sie auch das Symbol für die Reinigung der Seele. Die Menschen sollen in dieser Zeit enthaltsam leben, auf den Konsum von Alkohol und Fleisch verzichten. 

Leckereien aus dem Osterkorb

er Karfreitag ist als der Todestag von Jesu Christi ein strenger Fasten- und Trauertag. An diesem Tag, ähnlich wie in Österreich, hat sich der Brauch des Heiligen Grabes etabliert. Dabei wird der "tote Jesus" im Anschluss an die Karfreitagliturgie in einer feierlichen Prozession in sein Grab gelegt. Für die Gläubigen beginnt das Wachen an den symbolischen Grabstätten Jesu, die sich in jeder polnischen Kirche befinden. Der Besuch des Grabes gehört zur Vorbereitung auf das Fest und ist für die Polen eine Selbstverständlichkeit. An diesem Tag wird auch die letzte Kreuzwegandacht abgehalten.

Zuhause dagegen beginnen die Frauen die Osterspeisen vorzubereiten. Am darauffolgenden Samstag müssen die wichtigsten Speisen fertig sein, denn an diesem Tag bringt man sie in die Kirche, um sie weihen zu lassen. Diese Aufgabe übernehmen meistens die Kinder. In den gefüllten und geschmückten Körbchen befinden sich bunte Ostereier, Brot, Salz, ein aus Butter gepresstes oder aus Zucker gegossenes Lamm, Kuchen und Meerrettich. Das Bild ergänzen Buchsbaumzweige und eine reich bestickte Serviette. Am Karsamstag wird Abschied von den traditionellen Fastenspeisen - dem Hering und der sauren Mehlsuppe genommen. Zur allgemeinen Belustigung werden in manchen Gegenden Polens der Hering und ein Suppentopf mit "Zur" an einem Baum aufgehängt.

Das Osterfrühstück

Am Ostersonntag feiern die Polen früh die Auferstehungsmesse. Erst nach dem Kirchgang wird gefrühstückt. Das Osterfrühstück ist die wichtigste Mahlzeit am diesem Tag, zu der bereits Gäste eingeladen werden. Auf den Tisch kommen die Speisen aus dem geweihten Korb und vieles mehr: Brot, bunte Ostereier, typische polnische Weißwurst mit Cwikla (Rote Beete mit Meerrettich vermischt), Schinken, Aufschnitt, Pasteten, Gemüsesalat und zum Dessert Baby (Hefekuchen), Pascha (eine Art Käsekuchen), Mohnkuchen und der typische Osterkuchen in Polen - der Mazurek (siehe auch Rezept). Zu Beginn des Frühstücks teilen sich die Anwesenden ein geweihtes Ei und wünschen sich gegenseitig Gesundheit und Glück. Das Frühstück dauert sehr lange, oft bis in die Mittagszeit hinein. Nur die Kinder bleiben nicht am Tisch, sondern suchen nach Süßigkeiten, die der Osterhase versteckt hat.

Der "Smigus-Dyngus" (sprich Schmigus Dingus)

Ein weiterer lebender Brauch des polnischen Osterfestes ist der Ostermontag mit seinem Śmigus-Dyngus. Der Ursprung dieser alten Tradition ist nicht eindeutig. Einerseits greift man hier auf heidnisches Brauchtum zurück und den Glauben an die reinigende Kraft des Wassers. Andererseits vermuten viele den Ursprung in der Taufe des polnischen Fürsten Mieszko I. im Jahre 966, die an einem Ostermontag stattfand.

Am mokry poniedzałek/nassen Montag ist es üblich, dass die Jungen die Mädchen mit Wasser bespritzen, was auch immer wieder gern getan wird. Dies reicht von etwas Wasser über Wasserpistolen, bis zu ganzen Eimern. Für die Mädchen gilt es als nachteilig nicht bespritzt zu werden, da es die Wahrscheinlichkeit einer Hochzeit mindert.

Mazurek

Der typische Kuchen in Polen, den man nur zur Osterzeit bäckt, ist der Mazurek. Selbst für ungeübte Bäcker ist er ein Kinderspiel.

Schokoladenmazurek 

Zutaten für den Teig: 300 g Mehl - 200 g Butter - 100 g Puderzucker

Zutaten für die Schokoladenmasse: 500 g Schokolade - 1/2 l Milch - 200 g Zucker - 200 g Butter - Päckchen Vanillienzucker

Zum Bestreichen: Schwarze Johannisbeermarmelade

Zum Garnieren: kandierte Orangenschale - Mandeln

Zubereitung: 

Alle Zutaten zu einem Teig verkneten und für eine Stunde in den Kühlschrank legen. Danach im vorgeheizten Backofen goldgelb backen. - Alle Zutaten für die Masse in einen Topf geben und unter Umrühren kochen, bis die Masse dick und glatt wird. - Nach dem Backen den Teig erkalten lassen. Danach mit der Marmelade bestreichen. Auf der Marmeladeschicht die Schokoladenmasse verteilen. Kalt stellen. - Den Mazurek mit kandierter Orangenschale und Mandeln garnieren.

Alte Osterbräuche

Osterwasser

In früheren Zeiten bestand eine Sitte, Osterwasser gegen Haut- und Augenkrankheiten aufzubewahren. Man musste am Ostersonntag in aller Frühe vor Sonnenaufgang das Wasser aus einem reinen, fließenden Bach schöpfen und durfte keinem Menschen begegnen und mit keinem sprechen. Wer sich am Ostertag in einem solchen Wasser wusch, blieb von Haut- und Augenkrankheiten verschont.

Junge Mädchen sah man in aller Frühe im Morgengrauen zum nächsten klaren Bach wandeln, um Wasser zu schöpfen, welches Schönheit und Tugendhaftigkeit verleihen sollte. Stumm musste der Weg hin und wieder heimwärts beschritten werden. Es war nicht einfach, denn Jungen und neidische Weiber versuchten sie daran zu hindern, zu erschrecken und sie zu einem Schwatz zu verführen. Gelang es ihnen, so wurde das Osterwasser zum entweihten "Schladderwasser" und die Mädchen zum Gespött aller.

Je früher man zum Quelle wallfahrtete, desto weniger Verführern begegnete man. Dieser Ostergang hatte auch noch einen weiteren Sinn, dem Kinder und Erwachsene immer voll Erwartung nachgingen. In der aufgehenden Sonne, wenn der rote Sonnenball am Horizont erschien und sich zu voller Kraft entfaltete, sah man das Osterlämmchen hüpfen. Ein schöner Brauch, der bei starker Glaubenskraft im Frühlingserwachen und Frühdunst der dampfenden Erde immer wieder voll Spannung das Springen des Osterlämmchens im Sonnenball tatsächlich erleben ließ.

Osterstiepen

Eine schöne und beliebte Sitte war das Osterstiepen. Um Palmsonntag stellte die Jugend junge Birkenruten in mit Wasser gefüllte Gefäße, damit die Reiser kleine Blättchen bis Ostern trieben. Beliebte Orte waren Schränke und Kachelöfen, um das Treiben in der Wärme zu fördern.

Am 1. Ostertag hatte die männliche Jugend, aber auch Erwachsene das Vorrecht, Mädchen und Frauen Hände und Füße zu stiepen. Man machte sich recht früh auf den Weg, um noch viele im Bett anzutreffen und die Langschläfer zu erschrecken. Mit viel Scherz und Lachen ging es zu. Am 2. Ostertag hatten die Mädchen das Recht zu stiepen. Auch hier konnte jeder seinen Mut auslassen und die erhaltenen Schläge doppelt abgeben.

Für das Stiepen erhielt man Süßigkeiten, ein Ei, Kuchen oder einen Groschen.

Osterspruch

Auch ging man zu Ostern herum und sagte einen Osterspruch auf: Schmack Ostern, schmack Ostern, drei Eier, Stück Speck, paar Pfennige, dann lauf ich rasch weg. Ich bin ein kleiner König, ich kriege viel zu wenig, ich kann nicht länger stehen, ich muss schnell weitergehen.

Dożinkiminne (Erntedank)

 
Am Sonntag findet ein Umzug vom Ort zum Festplatz in Brzostowo statt. Zuerst eine Gruppe auf Pferden,..
..dahinter einige zum Teil wild geschmückte Wagen mit verkleideten Bürgern, die ein Thema aufs Korn nehmen, in etwa vergleichbar unserem Karneval, nur einfacher und ursprünglicher.
 
Auf dem Platz angekommen werden alle Erntekronen der Gemeinde bei einer Figur aus Strohrollen aufgestellt.   Dann singt der Chor (hier Lutnia aus Miasteczko) und der Bürgermeister hält eine Rede.
 
Anschließend geht er mit einem großen Laib frischem Brot herum, damit jeder sich ein Stück herausbricht.    Dabei singt bereits der Chor aus Grabówno.
Es folgt Tanz und Gesang von Alt..   ..und Jung der Gäste aus Sadki.
 
Das Publikum hat sich ausgehfein gemacht und honoriert die Darbietungen mit Applaus.   Zum Schluss spielt noch der lokale Komponist Pjotr Orlinski, u.a. eigene Kompositionen.

anach widmet man sich den Verkaufsständen auf dem Platz, kauft den Kindern eine Kleinigkeit oder genießt das Angebot an Essen und Trinken. Auf der Fläche vor der Bühne kann getanzt werden.

Erntedank (früher)

Früher waren Erntetage besonders schwere, arbeitsreiche Tage, weil alle Arbeiten mit der Hand vorgenommen werden mussten. Früh stand man auf und spät und müde kehrte man abends heim, um recht viel zu schaffen und das gute Erntewetter zu nutzen. Mit der Sense wurde das Getreide gemäht, von Frauen zusammengerafft und zu Garben gebunden. Danach stellte man die Garben zu Stiegen, je 15 Stück, in runden oder geraden Haufen in langen Reihen zusammen, die schnurgerade ausgerichtet sein mussten. Nach einer gewissen Trockenzeit von 8-14 Tagen wurden sie auf Erntewagen verladen und zum Drusch an die Dreschmaschine oder in die Scheune oder den Schober gefahren. Diese Schober wurden rund angelegt und endeten oben in einer Spitze, die mit Stroh abgedeckt wurde. Die Schober hatten einen Durchmesser von 8-12 m und eine Höhe von 5-6 m.

Seidenband

Zu Beginn der Ernte bestand der schöne Brauch, dass die Vorarbeiterin dem Besitzer des Hofes oder Gutes und seinen Angehörigen ein buntes, breites, einfarbiges Band in einer Schleife mit langen Enden um den Oberarm band. Hierzu sagte sie einen Spruch auf:

"Ich habe vernommen, dass die gnädige Herrschaft ist aufs Feld gekommen. Ich werde sie binden mit lieblichen Sachen, viel Komplimente verstehe ich nicht zu machen. Ich nehme dieses seidene Band in meine grobe Hand und binde es dem... gnädigen Herren ... an seinen schneeweißen Arm."

Es war eine festliche und große Ehrung, welche stets mit einem großen Geldstück belohnt wurde. Bei mehreren Familienmitgliedern und gar Gästen wuchsen die Einnahmen des Vormädchens.

War die Ernte eingefahren - der letzte Wagen wurde festlich und bunt geschmückt -, so wurde auf der Tenne oder dem Erntespeicher alles zum Erntefest hergerichtet. Es wurde geschlachtet, Kuchen gebacken, Bierfässer und viele Flaschen Schnaps herbeigebracht. Der Raum wurde mit frischem Grün geschmückt und an der Seite lange Bänke und Tische aus Brettern aufgestellt. Eine Kapelle spielte hierzu unermüdlich bis zum frühen Morgen.

Man versammelte sich zuerst vor dem Gutshaus, wo dem Gutsherrn mit einem Spruch die Erntekrone, geschmückt mit allen Getreidesorten und langen, bunten Seidenbändern, überreicht wurde. Der Gutsherr dankte allen, die geholfen hatten, dass die Ernte so schnell und gut hereingebracht wurde, dass der Erntesegen so reich war. Er dankte für treue Arbeit und wünschte ihnen allen Gesundheit und Wohlergehen.

Danach zog man in festlichem Zuge, die Musik voran, zum Ernteboden. Nach einem Ehrentanz wurde zuerst Kaffee getrunken und ganze Berge von Kuchen vertilgt. Natürlich durften der Korn und - wer es mochte - der Likör nicht fehlen. Man tanzte, verzehrte Unmengen jeglicher Art und freute sich gemeinsam bis zum Morgengrauen.

Roggenpuppe

In einem alten Bericht aus Seeburg (...), ist nachfolgendes beschrieben:

Wenn der Roggen in Stiegen stand (8-10 Garben zusammengestellt), brachten die Schnitterinnen den "Alten". Dieses war eine aus dem frischen Roggen gemachte mannshohe Puppe, mit Bändern und Blumen geschmückt. Weit vom Felde hörte man das Rufen: Naszy go, stary go! Juchhu! Ein langgezogenes jauchzen. So betraten sie den Hof, traten vor das Gutshaus, meine Eltern kamen ihnen auf die Vorlaube entgegen. Nun setzten sie den "Alten" ab und sangen auf deutsch: Großer Gott wir loben dich. Darauf sagte die 1. Binderin: Wir haben den Roggen gebunden und haben den Alten gefunden, möchte die Herrschaft ihn annehmen. Darauf dankte die Herrschaft und verteilte Getränke und Geld.

Peitschenknallen zu Geburtstagen und Silvester

Aus Anlass eines Geburtstages versammeln sich gegen Abend alle Pferdeknechte (Fornals) vor dem Gutshaus und bringen dem Gutsherrn ein Ständchen mit Peitschenknallen. Die Peitschen sind etwa 3 m lang und haben am Ende eingeflochtenes Haar oder Schnur, um recht laut knallen zu können. Schnaps und Tabakwaren wurden als Dank und Belohnung verteilt.

Hochzeitsstaat

Heiratete ein Mädchen, so kam die Braut im Alttagskleid auf den Hof, zog sich in der Mädchenkammer den Hochzeitsstaat an, und die Gutsfrau setzte vor dem großen Spiegel Kranz und Schleier der Braut auf. Vom Dorf kam der Hochzeitszug, voran 5 Musikanten mit Posaunen. Die Paare bildeten vor dem Gutshaus Spalier. Der Bräutigam trat ins Haus und empfing von der Gutsherrschaft die Braut und einen Segenswunsch. Das Brautpaar schritt durch das Spalier, und die Musik brachte das Paar zu den geschmückten Wagen ins Dorf, die dann zur Kirche fuhren.

Namenstag

In Polen wird der Namenstag so gefeiert, wie in Deutschland der Geburtstag. Im katholischen Kalender hat jeder Tag einen bzw. mehrere Namen, dabei können bestimmte Namen auch an mehreren Tagen des Jahres vergeben sein. Der Tag, der nach dem Geburtstag als erstes dem Rufnamen zugeordnet ist, wird als Namenstag gefeiert.

 



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